Im deutschen Sprachraum wurden die deutsche und die lateinische Schrift jahrhundertelang parallel verwendet. Ab dem Ende des 16. Jahrhunderts war es im Buchdruck üblich, deutsche Texte in Fraktur und fremdsprachliche in Antiqua zu drucken. Versuche einiger Verleger, dieses Nebeneinander zu beseitigen und die Frakturschrift abzuschaffen, scheiterten um 1800 an dem Argument, die Leser seien Bücher in Frakturschrift gewöhnt und würden diese eher kaufen.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert bemühten sich Gegner der altdeutschen Schrift um die Abschaffung derselben zugunsten der lateinischen Schrift. Ein entsprechender Antrag wurde in einer Reichstagsabstimmung am 17.10.1911 jedoch abgelehnt.
Das Ende für die altdeutsche Schrift kam schließlich durch die Nazis: In einem geheimen Erlass von Hitlers Vertrautem Martin Bormann vom 3.1.1941 wurde „die sogenannte gotische Schrift“ abgeschafft. Druckerzeugnisse wurden auf die lateinische Antiqua umgestellt und zugleich wurde die deutsche Schreibschrift an den Schulen nicht mehr unterrichtet. Seitdem sollte nur noch die als „Normalschrift“ bezeichnete lateinische Schrift verwendet werden. Die Begründung lautete, es handle sich um eine jüdische Schrift. Dies ist jedoch eine Fehlinformation, wie ein Blick in die Schriftgeschichte deutlich macht.
Nach 1945 engagierte sich keiner der Verantwortlichen dafür, dass die altdeutsche Schrift wieder eingeführt wurde. An den Schulen kam es nur regional vorübergehend zu einer Verwendung als Zweitschrift, so in Bayern von 1950 bis 1971. Somit wird die Zahl der Menschen, die die Sütterlinschrift und andere Varianten der altdeutschen Schrift beherrschen, zwangsläufig immer kleiner. Leider werden damit wertvolle Dokumente unlesbar, aus denen wir viel über die Vergangenheit erfahren könnten. Damit das nicht so bleibt, haben sich einige Historiker und andere Experten darauf spezialisiert, alte Dokumente zu entziffern oder die Sütterlinschrift zu unterrichten.